Mittwoch 27. Juni 2001

Kurz nach 7 Uhr werde ich durch ein Geräusch geweckt. Ich lausche angestrengt und wirklich: ein leises Brummen ist zu hören! Oje, ein Bär an unserem Zelt denke ich. Das Brummen wiederholt sich noch mehrmals, bis mir endlich klar wird, daß das kein Bär, sondern Moni ist, die friedlich in ihrem Schlafsack vor sich hinschnarcht.

Auf den Schreck hin ist an weiterschlafen natürlich nicht zu denken und ich verlasse das Zelt für einen morgentlichen Gang zur Toilette. Immer vorsichtig um nicht plötzlich doch noch über einen Bären zu stolpern. Draußen ist bestes Wetter und strahlender Sonnenschein! Kein Wölkchen am Himmel. Das sieht nach einem herrlichen Tag aus.

Rund um das Zelt sind frische Elchspuren zu sehen. Offensichtlich ist eine Herde während der Nacht hierher zum Trinken zu kommen, ohne sich von den für sie fremden Zelten stören zu lassen.


Zum Frühstück gibts Spiegeleier mit Speck - lecker!

Um 9 Uhr stehen endlich auch die anderen auf. Ich hacke etwas Feuerholz und Andi zaubert ein leckeres 5-Sterne Frühstück mit Spiegeleier und Speck! Immer wieder faszinierend, was er aus seiner unergründlichen Vorratskiste alles hervorzaubert!

Nach dem Frühstück beginnen wir mit dem Zusammenräumen, denn wir haben heute noch eine 30 Kilometer lange Flußfahrt vor uns, nachdem wir in den letzten beiden Tagen weit hinter unserem Plan zurück geblieben sind. Andi hatte zwar einen Tag Reserve eingeplant, die er ggf. für einen Landausflug nutzen wollte, aber wir haben durch das schlechte Wetter und die unerwartet großen Hindernisse vor zwei Tagen bereits mehr als diese Reserve verbraucht.

Kurz vor 12 Uhr fahren wir los. Zur Abwechslung ist es heute mal zu heiß! Die Sonne brennt und der Wind macht heute Pause. Hin und wieder ist Niedrigwasser und wir müssen heftig rudern um das Boot zu befreien. Dies ist aber die einzige Abwechslung, die uns während der ersten beiden Stunden erwartet.

Schließlich erreichen wir den Punkt, an dem sich der Kuskawulsh mit dem Dezadeash (sprich: Desdiash) zum Alsek vereinigen.

Das Flußbrett des Alsek ist über einen Kilometer breit und der Fluß teilt sich in duzende von kleinen Armen auf, die sich immer wieder vereinen und neue Bäche bilden. Unsere Schwierigkeit dabei besteht darin immer wieder einen Arm zu finden, der ausreichend Wasser führt um uns zu tragen. Denn auch stark wasserführende Seitenarme können sich plötzlich in viele kleine Arme aufteilen, von denen keiner ausreichend Wasser für das Raft führt. Durch das mitgeführte Feuerholz ist unser Tiefgang noch größer geworden und so erfordert es höchste Konzentration und immer wieder schnelle Ruderschläge um ein Abtreiben in einen unbedeutenden Seitenarm zu verhindern.

Häufig sind die vier Boot auf unterschiedlichen Flußarmen unterwegs und wir verlieren uns dabei auch oft aus den Augen. Immer wieder sehen wir eines der anderen Boote mehrere hundert Meter seitlich von uns hinter einer Kiesbank auftauchen.





Gegen 16 Uhr machen wir Rast auf einer Kiesbank und essen eine Kleinigkeit. Dabei nehmen wir die Karte zu Hand und besprechen, wo wir heute rasten wollen. Auf dem Alsek sind nur zwei Bereiche zum Campieren erlaubt und wir beschließen, daß wir noch bis zum weiter entfernten weiterfahren wollen.

Vorher machen wir aber noch ein einem Hügel Halt und besteigen diesen um die Landschaft auch einmal von oben sehen zu können.


Um einen besseren Blick über das Tal zu haben besteigen wir einen Hügel

Andi erklärt uns, das das ganze Flußbett der Boden eines Sees war, der sich zuletzt vor 70 Jahren entleert hat. Gebildet wurde dieser See durch einen gewaltigen Gletscher, der am unteren Talausgang dem Fluß den Durchfluß verwehrt und diesen bis zu einer Höhe von 80 Metern(!) aufgestaut hat.

Bereits zweimal (zuletzt eben vor 70 Jahren) ist beim Durchbruch des Flusses durch den Gletscher ein dahinterliegendes Indianerdorf von den Fluten fortgespült worden.

Da der Fluß nun einen einheitlichen breiten Strom ohne große Herausforderungen aber auch ohne große Fließgeschwindigkeit gebildet hat binden wir unsere 4 Boote zu einem großen Floß zusammen und lassen uns gemächlich vorantreiben. Um halb sieben erreichen wir schließlich unseren Lagerplatz.


Wir binden unsere 4 Boote zu einem Floß zusammen und lassen uns gemütlich treiben

Da hier am Alsek eben nur auf diesen zwei Platzen campiert werden darf ist es wichtig, daß wirklich alles wieder mitgenommen wird. Es darf auch nichts vergraben werden. Sogar Fäkalien müssen wieder mitgenommen werden. Zu diesem Zweck haben wir im Gepäck ein Eimerklo dabei, daß wir nun erstmalig (und hoffentlich einmalig) zum Einsatz bringen.

In der Nähe des Lagers gibt es tatsächlich keine Bäume, so daß wir sehr froh sind, ausreichend Feuerholz von unserem letzten Lager mitgenommen zu haben. Auch können wir unser Lager diesmal nicht überdachen, da wir keinen Baum für das aufstellen der Plane haben. Es sieht aber auch nicht so aus, als ob wir heute diese Überdachung brauchen würden, denn das Wetter ist uns nach wie vor sehr freundlich gesinnt. Aber wir wissen ja aus Erfahrung, daß sich das hier sehr schnell ändern kann...

Zum Abendbrot gibt es heute Gemüsereis. Wir essen wieder mit Heißhunger. Wenn morgen abend der Helikopter kommt und unsere Boote und den Hauptteil unserers Gepäcks abholt werden wir uns an spartanischeres Essen gewöhnen müssen. Denn dann müssen wir jeden Gramm Luxus auf dem Rücken mit uns führen...

Unser Lager liegt fast direkt am Fluß, daher ist es immer etwas zugig und die Mosquitos halten sich in Grenzen. Da wir morgen schon sehr früh raus müssen, gehen wir auch früher zu Bett. Gar nicht so leicht einzuschlafen, wenn es draußen rund um die Uhr hell bleibt.