Dienstag 3. Juli 2001

Es regnet. Und zwar nicht zu knapp. Ein Blick auf die Uhr: viertel nach sieben. Ich drehe mich um und schlafe weiter.

Plötzlich ertönt ein Pfiff: Alles aufstehen. Ein weiterer Blick auf die Uhr: jetzt ist es viertel vor neun. Sonst hat sich nichts geändert; sprich: es regnet immer noch.

Mühsam wälze ich mich aus den Federn. Von Horizont bis Horizont alles grau in grau. Zum Glück regnet es nicht sehr stark, dafür aber stetig.

Ich gehe zum Lager und bin gespannt, was sich Andi und die anderen für die Flußdurchquerung haben einfallen lassen. Wie gesagt: eine andere Gruppe war an diesem Fluß vor einer Woche gescheitert!

Andi ist gerade dabei ein abenteuerliches Gefährt zusammenzubauen, bestehend aus einem Ast und drei selbstaufblasbaren Liegematten. Die drei Matten werden dazu in der Mitte geknickt und um den Ast herumgelegt. Anschließend wird diese Konstruktion mit Duct-Tape fixiert. Damit hat er eine Art Surfbrett mit Handgriffen gebaut. Auf dem Brett sollen wir liegend und am Ast festhaltend den Fluß überqueren. Vorne am Surfbrett sind Seile befestigt, die das Brett während der Überfahrt auf Kurs halten sollen. Dazu müssen die Seile vom Ufer aus festgehalten werden. Vom gegenüberliegenden Ufer aus!

Auf meine Frage, wer denn dort bei der ersten Überfahrt sein wird, wird mir erklärt, daß Andi gestern noch mit den beiden Campern gesprochen hat und daß sich diese bereit erklärt haben uns zu helfen.

Das Gepäck soll ebenfalls mit dem Surfbrett rüber geschafft werden, verpackt in wasserdichten Säcken. Für jeden von uns heißt das, das aber er ein Vollbad im ca. 4 Grad kalten Wasser unternommen werden muß!

Zunächst wird aber erst mal gefrühstückt. Zum Glück hört der Regen auf und es ist nicht mer ganz so triest. Aber die Sonne kommt trotzdem nicht hervor. Die Sonne wäre bei dem kühlen Bad als Wärmequelle sehr willkommen gewesen...

Andi pfeift den "Nachbarn", damit diese zum Fluß kommen und uns wie versprochen helfen. Als erstes muß ein Seil über den Fluß geworfen werden, zu den beiden Campern. Andi verwendet dazu den Wurfsack, den er mit einem zweiten Seil verlängert hat, damit es die nötige Länge für die Überquerung des Flusses hat. Seine ersten beiden Versuche geraten zu kurz und landen mitten im Fluß. Dann startet Erich einen Versuch und ist erfolgreich. Nun kann das Unternehmen "Flußüberquerung" anlaufen!

Man kann den beiden Campern ansehen, daß sie nicht sehr überzeugt von unserem Vorgehen sind, aber sie arbeiten brav mit.


Andi entledigt sich seiner Kleidung...

Andi entkleidet sich bis auf die Unterhose und packt die Kleidung in einen wasserdichten Sack. Dann greift er sich das selbstgebaute Surfbrett und geht langsam ins Wasser. Als das Wasser ihn mitreißt hält er sich am Board fest und wird wie gehofft ans andere Ufer gezogen! Wir jubeln begeistert.


...und läßt sich auf dem "Surfbrett" hinüberziehen

Jöckel zieht das Board mit einem weiteren Seil wieder an unser Ufer und der Sack mit der Kleidung wird zu Andi rübergeschickt. Auch das klappt problemlos.

So lassen wir uns nun einer nach dem anderen über den Fluß fahren. Ich bin der fünfte. Ich lasse nur die Unterwäsche und meinen Regenanzug an. Die Überfahrt geht rasend schnell und ohne Probleme von statten. Ja, durch die Regenkleidung bleibt sogar meine Unterhose trocken, so schnell ist alles vorbei! Während wir nochbeim rüberschiffen sind, fängt es wieder an zu regnen. Schnell bauen wir auf dem Zielufer ein Dreibein an herumliegenden Bäumen auf, werfen die Plane drüber und bauen damit ein Zelt um das Gepäck trocken lagern zu können, bis alle herüber sind.

Jöckel bildet den Abschluß.

Kurz nach eins ist es geschafft und wir sind alle inklusive Gepäck auf dem Zielufer angekommen! Nun kann der endlich der siebzehn Kilometer lange Endspurt gestartet werden.


Der Hike ist monoton. Nach eineinhalb Stunden erreichen wir einen weiteren Bach, den wir jedoch problemlos durchqueren können. Erstes Tagesziel ist ein weiterer breiter Fluß, durch den wir noch müssen. Auf der anderen Seite wollen wir Mittagsrast machen. Den Fluß erreichen wir um 15 Uhr. Er ist zum Glück bei weitem nicht so tief wie der von heute morgen. Wir können ihn - angeleint an ein Seil - durchwaten.


Der nächste Fluß kann von uns wieder ohne große Probleme durchquert werden.

Danach gibts erst mal Mittagessen. Abwechslung heute; Vollkornbrot. Das Mischbrot ist alle. Gott sei Dank! Das hatte schon die Konsistenz und den Geschmack von Sägemehl...


Auf der anderen Flußseite machen wir Mittagspause

Nun liegen noch ca. acht Kilometer Weg vor uns. Das sollte eigentlich in kurzer Zeit zu schaffen sein. Um 18 Uhr haben wir ja die Verabredung mit dem Minibus - jedenfalls, wenn der Hubschrauberpilot die Nachricht ausgerichtet hat...

Um viertel nach vier ist das Mittagessen beendet und wir machen uns an den Weitermarsch über die letzten acht Kilometer. Aber diese acht Kilometer haben es in sich! Ein Bergrutsch einen Teil des Trails am Ufer de Sees weggerissen und der Umweg führt im Zick-Zack ein paar hundert Meter den Berg hinauf. Das bringt unseren Zeitplan doch etwas in Gefahr. Yvonne, Edith und Andi hiken voraus, um auf alle Fälle rechtzeitig da zu sein und ich kämpfe mich am Abhang entlang. Immer noch mit vollem Gepäck. Plötzlich rutsche ich an einem Geröllfeld ab und mein Fuß verkantet sich zwischen zwei Steinen. Dabei prelle ich mir die beiden kleinen Zehen des linken Fusses. Ich kann kaum noch auftreten.

Wunderbar, jetzt komme ich nur noch humpelnd weiter. Und weit und breit kein Mensch. Die Vorhut ist bestimmt schon fast am Treffpunkt und die Nachhut noch nicht in Sicht. Ich folge den Spuren der anderen, die sich im morastigen Boden deutlich abzeichnen.

Plötzlich sehe ich, daß über die Spuren von Andi und den anderen Bärenspuren führen! Dieser muß also den Weg überschritten haben, nachdem diese hier vorbeigekommen sind. An den Spuren erkenne ich, daß der Bär ein ganzes Stück lang dem Pfad gefolgt und dann ins Gebüsch abgebogen ist.

Ein mulmiges Gefühl überkommt mich, als ich vorsichtig weiterhumple.

Schließlich holt mich die Nachhut bestehend aus Jöckel, Jörg und Moni ein. Ich erzähle von meinem Dilemma und Jöckel packt kurzerhand meinen Rucksack und schnallt ihn sich oben auf seinen mit drauf. Moni übernimmt meine Matte und Jörg schnappt sich meine Kameraausrüstung. Moni tritt mir noch einen ihrer Wanderstöcke ab, so kann ich mich nun abstützen und dank des verringerten Gewichtes komme ich auch besser voran. Jöckel scheint das zustätzlich Gewicht überhaupt nicht zu stören. Der ist da offensichtlich schon mehr gewöhnt.


Gegen 19 Uhr kommen wir endlich am Ziel an....

Um 19 Uhr erreiche ich schließlich mit meinem schon langsam taub werdenden Fuß den Treffpunkt. Der Bus ist noch nicht da. Wir wissen auch gar nicht, ob das vorverlegen so einfach klappt. Evtl. hat der Reiseveranstalter ja gar kein Fahrzeug frei um uns heute schon abzuholen, oder die Nachricht, daß wir früher ankommen, hat ihn gar nicht erreicht.

Heute hatte Edith Pech: sie hat ihre Brille im See versenkt, als sie sich gewaschen hat. Jetzt läuft sie durch den See und sucht sie. Viel Hoffnung haben wir dabei aber nicht...

Aber um 20 Uhr kommen dann doch zwei Fahrzeuge um uns abzuholen und wir können in Richtung Whitehorse aufbrechen.

Davor machen wir jedoch Rast an einem Motel und essen Pizza. Gegen 0:30 Uhr treffen wir endlich am Lager von Andi ein. Ich schreibe noch schnell mein Tagebuch und gehe ich schlafen.