Sonntag 1. Juli 2001

Es regnet. Dasi ist der erste Eindruck, der sich mir aufdrängt, als mein Bewußtsein aus den Tiefen eines wirren Traumes gerissen wird. Zum Glück haben wir keine Sachen vor dem Zelt gelassen, sondern alles ins Vorzelt geschafft. Aber auch so sind alle Klamotten (Hose, Socken, Schuhe) noch tropfnaß. Nicht gerade das, was einen zum Aufstehen motiviert. Also drehe ich mich wieder um schlafe weiter.

Um halb zwölf gibt es Unruhe im Lager und ich riskiere ein Auge vor das Zelt. Tatsächlich hat es inzwischen aufgehört zu regnen.

Wir frühtstücken spartanisch und dann kommt die große Überwindung: hinein in die nasse Kleidung. Ist das kalt! Danach heißt es Zelte abbauen und Rucksäcke packen.

Um halb eins brechen wir auf. Etwas bergauf hat Jöckel gestern einen einfachen Übergang entdeckt. Dort steigen wir in den Canyon hinab und entledigen uns wieder unserer Schuhe, Strümpfe und Hosen. Statt dessen ziehen wir wieder Neoprensocken und Sandalen an. Und dann gehts durch den Bach.

Moni hat Pech und stürzt fast. Dabei verliert sie Ihre Brille! Sie ist totunglücklich, denn ohne die Brille ist sie - wie sie sagt - fast blind (8,5 und 6,5 Dioptrin). Sie hat ohne Brille sogar Schwierigkeiten zu erkennen, was vor Ihren Füßen ist. Schlechte Voraussetzungen für einen noch ausstehenden Marsch über mehrere Tage... Wir suchen den Bach ab, aber ohne Erfolg. Die Brille ist weg.

Zum Glück hat Edith eine geschliffene Sonnenbrille dabei. Diese hat zwar nicht ganz die Werte von Moni, aber Moni meint es reicht und sei auf jedenfall besser als ganz ohne Brille.

Bis vier Uhr wandern wir nun über eine endlose Hochebene, ohne große Steigungen oder Gefälle. Hin und wieder ein kleiner Bach oder ein Schneefeld sind die einzigen Abwechslungen. Ach ja: ein Schneehuhn - diesmal ohne Junges - und ein Murmeltier sind noch Highlights auf diesem Streckenabschnitt.


Wir wandern über eine endlose Hochebene

Mit dem Wetter haben wir Superglück! Die Wolken reißen schon bald auf und die Sonne scheint durch und wärmt uns auf. Um halb vier machen wir "Mittagspause". Mit Salami, Käse, getrockneten Aprikosen und Apfelringen, Butter und Brot. Das ganze ergänzt mit lauwarmem Tee vom Frühstück.


Um halb vier machen wir Mittagspause

Danach geht es weiter die Hochebene entlang bis zum nächsten Paß ins Tal. Hier beginnt unser letzter Abstieg ins Tal. Heute wollen wir etwa bis an die Busch/Baumgrenze absteigen. Morgen steht uns dann ein mühsehliger Abstieg durch Gebüsch und Unterholz bevor.


Um nicht von Mosquitos belagert zu werden schlagen wir noch oberhalb der Baumgrenze das Lager auf

Da wir vermuten, daß direkt an der Baumgrenze sehr viele Mosquitos sein werden, stoppen wir ca. einen halben Kilometer vorher und schlagen um 18:30 Uhr unser Lager auf. Die Sonne scheint freundlich auf die Zelte und wir warten darauf, daß der erste heiße Tee fertig wird.

Plötzlich ziehen tiefhängende Wolken aus allen Himmelsrichtungen genau auf das Tal vor uns zu. Dort braut sich was zusammen! In Erwartung des Unwetters und als Windschutz spannen wir wieder unsere bewährte Plane über das Lager. Da keine Bäume zur Verfügung stehen spannen wir die Plane zwischen drei großen Steinen ab.

Und tatsächlich: ein paar Minuten später setzt heftiger Regen ein und es wird empfindlich kalt. Doch um ins Zelt zurückzugehen ist es nun zu spät: es gießt wie aus kübeln. Da heißt es abwarten und ausharren, bis der Regen wieder etwas nachläßt. Wir rutschen unter der Plane dicht zusammen, damit alle zehn vor dem Regen geschützt sind. Andi kocht inzwischen Abendbrot: Polenta mit Tomaten (aus Trockentomaten und Mark). Der Duft des Essens zieht an unseren Nasen vorbei und bringt unsere Mägen zum knurren.


Unter der Plane finden wir Schutz vor dem Unwetter, wärhen wir unser Abendbrot zubereiten

Kurz bevor das Essen fertig ist, hört der Regen auf und die Wolkendecke reißt wieder auf. Auch die Sonne spitzt wieder hinter den Bergen hervor. Hier ändert sich das Wetter sehr schnell.

Das Essen ist lecker, aber nach den Touren die wir jeden Tag machen, würde vermutlich alles schmecken wie im 5-Sterne Restaurant.



Nach dem Essen ziehen wieder neue Wolken herbei und es frischt wieder auf. Zeit für mich, das Zelt aufzusuchen. Ich lege mich in den Schlafsack, lese etwas und schreibe mein Tagebuch...